Traboullieren in Wien – Durch Durchhäuser durchgehen (Auszug aus dem Booklet)
Durchhäuser, müssen Sie sich vorstellen, sind etwas ungeheuer Praktisches. Sie gehen auf der einen Seite des Hauses hinein und auf der anderen Seite hinaus – und schon befinden Sie sich in einer anderen Straße, auf der anderen Seite des Hauses oder überhaupt ganz woanders.
Ein Wunder, dass es Durchhäuser nur in Wien und Lyon gibt. In Lyon heißen Sie Traboules, von Lateinisch transambulare und vulgärlateinisch trabulare (durchgehen), in Wien heißen sie einfach nur Durchhäuser. Nicht ganz so mediterran, aber Wien liegt ja auch nicht am Meer. Zugegeben, das tut Lyon auch nicht, aber doch zumindest näher dran.
(über Mozart im Deutschordenshaus:)
Nachdem nun seine zahlreichen Freunde dem Erzbischof Colloredo zu verstehen gaben, dass er, ob er wolle oder nicht, Mozart die Gelegenheit geben müsse, auch vor den Wienern aufzutreten und nicht nur, wie es der Erzbischof praktizierte, seinen Hofkapellmeister von Fürstensalon zu Fürstensalon zu schleifen, willigte Coloredo nolens volens ein. Und siehe da, die Wiener liebten Mozart! Der Applaus war berauschend, die Gage erträglich und Mozart wusste, er könnte in Wien Fuß fassen, wenn ihn der Erzbischof nur ließe.
Der aber dachte nicht daran, sein bestes Pferd im Stall frei laufen zu lassen und schickte Mozart kurzerhand nach Salzburg zurück. Dieser aber, gestärkt durch den Applaus der Wiener und gelockt von den Möglichkeiten, die ihm die Metropole bot, weigerte sich. Entschieden.
Mozart wollte nun kündigen, offiziell und endgültig und ohne Rücksicht auf des Erzbischofs Befindlichkeiten, doch wurde er sein Kündigungsschreiben nicht los – was für eine Kündigung aber nun mal notwendig ist.
Nachdem er auch beim fünften Versuch nicht beim Erzbischof vorsprechen durfte, um diesem sein Schreiben in die Hand zu drücken und somit die Kündigung endgültig und entschieden zu machen – der Erzbischof war es leid, schon wieder mit seinem aufsässigen Kapellmeister zu streiten, der Kammerdiener war es leid, dem aufsässigen Kapellmeister schon wieder die Tür zu weisen, und Wolfgang war es leid, schon wieder abgewiesen zu werden – eskalierte der Streit zwischen dem die erzbischöfliche Türe bewachenden Türlsteher Graf Arco und dem Hofkapellmeister Wolfgang Mozart, ein Wort gab das andere, das andere wieder das eine – und als es genügend Worte gegeben hatte, gab Arco dem Mozart einen Fußtritt.
Dieser Fußtritt beförderte Mozart nicht nur aus dem Dienste des Erzbischofs und somit aus dem Deutschordenshaus, sondern katapultierte ihn auch in seine nächste Lebensphase als erster freischaffender Komponist. Unabhängig von Staatsdiensten, abhängig vom Publikum.
Das Weitere ist Mozarts Geschichte, die begegnet uns erst später wieder.
Wir bleiben noch im Deutschordenshaus und gehen jetzt mal in die Kirche.
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